Gutes Bewässerungsmanagement

Bäume richtig wässern

1. Trotz Bewässerung sind die Jungbäume vertrocknet. Abbildung: Katharina Weltecke

Ausschlaggebend für ein ressourcenschonendes und effektives Bewässerungsmanagement ist eine bedarfsorientierte Bewässerung. Ein Wässern nach pauschalen Bewässerungssätzen birgt die Gefahr, dass entweder zu wenig gewässert wird und im Endeffekt der Baum trotz Bewässerung schwächelt und/oder eingeht - oder umgekehrt, zu viel gewässert wird. Im günstigsten Fall wurden dann lediglich Wasser und Geld verschwendet, im schlimmsten Fall geraten die Wurzeln der Bäume dadurch in Atemnot, infolge dessen der Baum absterben kann (Abb. 1 und 2). Ein angepasstes, effektives und ressourcenschonendes Bewässerungsmanagement berücksichtigt den Bedarf des Baumes, die Größe des Bodenwasserspeichers und inwieweit dieser auf natürlichem Wege gefüllt wird (Niederschlag, Grundwasser).

Wodurch wird die Wasserverfügbarkeit für Bäume bestimmt?

Wie viel Wasser den Bäumen zur Verfügung steht, wird durch den Boden, das Relief und das Klima bestimmt. Dabei kann man sich den Boden sinnbildlich als einen Topf vorstellen, von dessen Größe (verfügbar gespeichertes Wasser) das potenzielle Wasserangebot abhängt. Das Klima (Niederschlag und Verdunstung), das Relief (Verdunstung, Hangzugwasser, Grund- und Stauwasser) und die Versiegelung bestimmen, wie stark und wie häufig der "Topf" gefüllt wird (Arbeitskreis Standortskartierung, 2016).

Wie viel Wasser den Bäumen zur Verfügung steht, hängt dabei nicht nur von der aktuell im Boden vorhandenen Wassermenge, also dem Wassergehalt ab, sondern auch von der Wasserspannung. Diese gibt Auskunft darüber, wie stark Wasser im Boden gebunden ist, also welche Saugspannung Bäume aufbringen müssen, um das Wasser aus dem Boden zu beziehen. Je enger eine Pore, desto höher steigt das Wasser in den Poren auf und desto fester ist es gebunden. Da die Porengrößen durch die Korngrößen bestimmt werden, ist der Zusammenhang zwischen Bodenwassergehalt und Wasserspannung von der Bodenart abhängig. Bei einem Wassergehalt von beispielsweise 30 Prozent ist das Wasser in einem tonigen Boden so stark gebunden, dass es von den Bäumen nicht mehr aufgenommen werden kann, während in einem reinen Schluffboden bei gleichem Wassergehalt den Bäumen etwa noch zwei Drittel davon zur Verfügung stehen.

Trocknet ein Boden sukzessive aus, werden zunächst die groben und dann die engeren Poren entwässert. Das heißt, mit zunehmender Trockenheit im Boden steigt die Wasserspannung. Übersteigt diese einen baumspezifischen Grenzwert, ist eine ausreichende Wasserversorgung nicht mehr gewährleistet. Das dann noch im Boden vorhandene Wasser wird anschaulich als Totwasser bezeichnet. Das für Bäume verfügbare Wasser, die nutzbare Wasserspeicherkapazität, befindet sich nur in den Poren mit einem Durchmesser von 0,0002 bis 0,05 Millimeter. Ohne Grundwasseranschluss entscheidet sie darüber, wie lange einem Baum ohne weiteren Niederschlag Wasser zur Verfügung steht. Am größten ist die Menge des verfügbaren Wassers in schluffigen Böden. Ein Kubikmeter Schluffboden kann beispielsweise rund 260 Liter Wasser pflanzenverfügbar speichern, während 1 Kubikmeter Sandboden nur 160 Liter und 1 Kubikmeter Tonboden lediglich 130 Liter pflanzenverfügbar speichern kann (Abb. 3) (Arbeitskreis Standortskartierung 2016).

Der Wassergehalt eines Bodens gibt also ohne Kenntnis der Bodenart keinen Anhaltspunkt über die Wasserversorgung eines Baumes. Die relevante Größe hierfür ist die Wasserspannung, die die unterschiedlichen Bodenarten und Porengrößen berücksichtigt (vgl. Ad-hoc-AG Boden 2005; Hartge und Horn 1999; Blume et al. 2016, Roth-Kleyer 2016).

Maßgeblich für die Größe des zur Verfügung stehenden Wasserspeichers ist, wie weit der Boden in der Fläche und in der Tiefe durchwurzelt werden kann, also wie groß das durchwurzelbare Bodenvolumen ist. Physikalische und chemische Barrieren unterschiedlichster Art können die Wurzelausdehnung beschränken. Haben Baumwurzeln Anschluss zum Kapillarsaum des Grundwassers, ist die Wasserversorgung auch ohne Niederschlag gesichert. Wie groß der Abstand zwischen der Untergrenze des Wurzelraumes und der Grundwasseroberfläche sein darf, hängt von der kapillaren Aufstiegsrate und damit von der Bodenart ab. Bei Sandböden ist die Wasserversorgung schon bei einem Abstand von 50 Zentimeter zum Grundwasserspiegel nicht mehr gesichert, da die kapillar aufsteigende Wassermenge zu gering ist. Bei schluffigen Böden können Baumwurzeln bei einem Abstand zum freien Grundwasser von 120 Zentimeter in den meisten Fällen noch mit ausreichend Wasser versorgt werden. Bei tonigen Böden ist die kapillare Aufstiegsrate aufgrund der sehr engen Poren so gering, dass schon bei einem Abstand von 20 Zentimeter zu wenig Wasser bei den Wurzeln ankommt (Ad-hoc-AG Boden 2005).

Wie kann Trockenstress erkannt werden?

Im Regelfall wird der Wasserbedarf nach "guter gärtnerischer Praxis" eingeschätzt. Erste Hinweise auf potenziellen Trockenstress gibt die allgemeine Witterung. Warme Temperaturen und geringer Niederschlag in der jüngeren Vergangenheit lassen Trockenstress vermuten. Schrumpfungsrisse, ausgetrocknete Pfützen, Staub und welke oder vertrocknete Bodenvegetation sind weitere Hinweise auf Trockenheit. Der Baum selbst zeigt Trockenstress durch schlaffe oder eingerollte Blattränder, Nekrosen, frühzeitige Herbstfärbung und vorzeitigen Blattfall an (Abb. 4 und 5).

Eine offene Wasserfläche wie ein natürlicher See, Fluss oder Bach in Baumnähe geben Hinweise auf den Grundwasserspiegel. Weitere Informationen auf die mittlere Lage der Grundwasseroberfläche geben die Grundwasserkarten der geologischen Dienste, die viele Bundesländer kostenfrei online zur Verfügung stellen.

Nicht selten kommt es vor, dass der Boden oberflächlich ausgetrocknet ist, in den tieferen Schichten allerdings noch ausreichend Wasser vorhanden ist. Mit Hilfe eines (Schlag-)Bohrstocks können relativ unaufwändig Bodenproben aus dem Wurzelraum bis zu 80 Zentimeter Tiefe gewonnen werden (Abb. 6). Anhand der gewonnen Proben kann durch die Konsistenzprobe die Feuchtigkeit des Bodens schnell und einfach beurteilt werden (DIN 18915:2018, Ad-hoc-AG Boden 2005). Je trockener der Boden ist, desto schwerer lässt er sich ausrollen beziehungsweise kneten. Außerdem dunkeln trockene Böden bei Wasserzugabe nach. Als Faustregel kann gelten: Dunkeln die oberen 50 bis 60 Zentimeter des Bohrstockprofils bei Wasserzugabe nach, sollte gewässert werden.

Wann muss wie viel gewässert werden?

Um einer Schwächung der Bäume entgegenzuwirken, sollte gewässert werden, bevor physiologischer Trockenstress bei den Bäumen einsetzt. Auf das verfügbare Wasser bezogen, beginnt für viele bisher untersuchte Baumarten Trockenstress, sobald die verbleibende nutzbare Wasserspeicherkapazität auf unter 40 Prozent sinkt (Granier et al. 1999, Sturm et al. 1996, Rust 1999, Roth-Kleyer 2016).

Der Wasserbedarf eines Baumes hängt von diversen baum-, standorts- und witterungsspezifischen Faktoren ab. Zu den baumspezifischen Faktoren zählen insbesondere Art, Alter, Belaubungsgrad, Vitalität und nicht zuletzt der Zeitpunkt des Wachstums (Streckenbach 2022). Eine genaue baumspezifische Abschätzung des Wasserbedarfs ist nach derzeitigem Wissensstand in der Praxis nicht möglich. Weiterhelfen können diesbezüglich umfangreiche Messungen aus Wäldern. Demnach werden in der Vegetationszeit in Laubwäldern täglich durchschnittlich 3 bis 5 Liter pro Quadratmeter verdunstet (Wullschleger et al. 1998). Bei solitär stehenden Bäumen kann die Transpiration bei gleicher Blattfläche deutlich größer sein (Rust 2010). Zusätzlich kann der Wasserverbrauch von Solitären durch eine große, tief belaubte Krone gegenüber Waldbäumen deutlich erhöht sein (Biddle 1998).

Schätzung der Bewässerungsmenge und des Bewässerungszeitpunktes ohne Messtechnik

Eine exakte Bestimmung der Bewässerungsmenge und des Bewässerungszeitpunktes ist nach derzeitigem Stand nicht durchführbar. Anhand der wichtigsten Faktoren, die den Wasserhaushalt von Bäumen bestimmen, ist allerdings eine grobe Einschätzung möglich. Vom Prinzip her wird dabei berechnet, wann der "Topf", also das nutzbare Bodenwasser, zu 60 Prozent geleert ist. Dazu wird vom verfügbaren Wasser das "verbrauchte" Wasser (3 bis 5 l/m²/Tag) subtrahiert. Verfügbar ist das Wasser aus dem Bodenspeicher sowie dem Niederschlag abzüglich dessen, was durch Oberflächenabfluss aufgrund von Versiegelung verloren geht (vgl. Roth-Kleyer 2016, FLL 2015).

Beginnend im Frühjahr, wenn der Bodenwasserspeicher (regulär) durch die winterlichen Niederschläge gefüllt ist, wird die Berechnung stetig fortgeschrieben. Wenn der errechnete Wert 40 Prozent des nutzbaren Wasserspeichers erreicht oder unterschreitet, sollte so viel gewässert werden, bis der Wasserspeicher zu circa 80 Prozent wieder aufgefüllt ist (FLL 2015). Werden ergiebige Niederschläge erwartet, sollten diese zunächst abgewartet werden. Bei absehbar anhaltender Trockenheit kann der Bodenwasserspeicher auf 100 Prozent aufgefüllt werden.

Eine beispielhafte Berechnung des Bewässerungsbedarfs dreier identischer Bäume, die auf einem sandigen, schluffigen und tonigen Standort stehen, zeigt, dass auf einem tonigen Standort doppelt so häufig gewässert werden muss wie auf einem schluffigen Standort, dafür aber nur mit der halben Wassermenge. Sowohl auf dem Sandstandort als auch auf dem Tonstandort würden die Bäume vertrocknen, wenn man sich bei den Gießintervallen an dem schluffigen Standort orientiert (Weltecke 2022).

Bei standardisierten Baumsubstraten gemäß FLL (2010) wird im Regelfall die maximale Wasserspeicherkapazität angegeben. Diese eignet sich nicht zur Schätzung des Bewässerungsbedarfs von Jungbäumen, da sie im Regelfall den tatsächlich nutzbaren Wasserspeicher des Substrates deutlich überschätzt (Weltecke und Streckenbach 2022, Gaertig 2022). Eine Kalkulationsdatei zur Schätzung des Bewässerungsbedarfs mit hinterlegten Formeln steht auf folgender Seite kostenlos zum Download zur Verfügung: www.bodenundbaum.de. Dort befindet sich auch ein ausführlicher Beitrag zu dem Thema Bewässerung, der im Jahrbuch der Baumpflege 2020 erschienen ist.

Messtechnische Bestimmung des Bewässerungsbedarfs

Bei repräsentativen Einzelbäumen kann die Bodenfeuchte messtechnisch und damit der Bewässerungszeitpunkt und die Bewässerungsmenge bestimmt werden. Dabei kommen zwei unterschiedliche Messprinzipien zum Einsatz:

  1. Messung der Wasserspannung mit Hilfe von Wasserspannungssensoren (Tensiometer),
  2. Messung des Bodenwassergehalts mit volumetrischen Feuchtesensoren.

Die Wasserspannung zeigt direkt an, ob pflanzenverfügbares Wasser im Boden vorhanden ist. Im Allgemeinen gilt: Steigt der Wert in Sand- und Lehmböden über pF 2,8 (630 hPa), oder in Schluff- und Tonböden über pF 3,5 (3000 hPa), sollte gewässert werden. Wird der volumetrische Bodenwassergehalt gemessen, muss zusätzlich die Bodenart bekannt sein. Damit kann anhand von Tabellenwerten der Schwellenwert bestimmt werden, ab dem gewässert werden sollte (Weltecke 2022). Da volumetrische Feuchtesensoren umgehend auf Bodenfeuchteänderungen reagieren, kann so lange gewässert werden, bis die Sensoren eine ausreichende Durchfeuchtung anzeigen. Wasserspannungssensoren benötigen hingegen Zeit, bis sie sich auf die geänderte Bodenfeuchte eingestellt haben. In diesem Fall, oder wenn von einem Messstandort die Bewässerungsmenge für einen anderen Baum abgeleitet werden soll, muss rechnerisch ermittelt werden, wie viel Wasser jeder Baum bekommen sollte. Das schrittweise Vorgehen zur Berechnung der Bewässerungsmenge beschreibt Weltecke (2022).

Da Böden extrem inhomogen sein können, kommt es - unabhängig ob Wasserspannungssensoren oder Wassergehaltssensoren zum Einsatz kommen - zu einer großen Streuung der Messwerte (Hertzler 2019, Hertzler und Rust 2021). Je grobkörniger der Boden ist, desto unpräziser sind die Messwerte. Daher gilt für beide Sensortypen, dass pro Standort in zwei bis drei Tiefenstufen jeweils drei bis fünf Sensoren angebracht werden sollten. Nur so lassen sich aussagekräftige Mittelwerte ableiten. Außerdem kann eine präzisere Messung durch eine Kalibrierung der Sensoren auf den jeweiligen Boden erreicht werden (Krekel 2022).

Über den Tellerrand geschaut

Ideen für ein zukünftiges kommunales Bewässerungsmanagement

Bei der großen Masse der Bäume ist eine individuelle Behandlung jedes Einzelbaumes kaum durchführbar. Hier bietet der Deutsche Wetterdienst hilfreiche Informationen an: Für diverse Klimastationen wird für zwei häufig vorkommende Bodenarten neben der Verdunstung, dem Niederschlag und der nutzbaren Wasserspeicherkapazität das aktuell zur Verfügung stehende Bodenwasser in einer Tiefe von 0 bis 60 Zentimeter angegeben. Mit der App "Stadtbaum ET" stellt die TU Berlin ebenfalls kostenlos ein System zur Verfügung, um den Trockenstress von Bäumen zu ermitteln (Wessolek und Kluge 2021, Pallasch et al. 2022).

Weiterhin bietet der Deutsche Wetterdienst den hilfreichen aber kostenpflichtigen Online-Dienst "agrowetter Beregnung" an. Auf Basis einiger Baum- und standortspezifischer Kennwerte gibt das Programm individuelle Bewässerungsempfehlungen heraus (Schreiner 2022).

Alternativ können Kommunen den Bewässerungsbedarf für repräsentative Baumstandorte messtechnisch bestimmen und diese webbasiert täglich oder wöchentlich aktualisiert den mit der Bewässerung Beauftragten zur Verfügung zu stellen. Dieser Service wird beispielsweise vom Pflanzenschutzamt Berlin bereitgestellt (senuvk 2022). Dafür ist es sinnvoll, den Baumbestand entsprechend des Wasserbedarfs anhand zum Beispiel von Alter und Standort zu klassifizieren. Welche Standorte als Musterstandorte geeignet sind, lässt sich über Boden-, Grundwasser- und Versiegelungskarten sowie mit Hilfe des Baumkatasters ermitteln.