2. Berlin-Brandenburger Alleentagung in Großbeeren
"Unsere Alleen: Vom Status Quo zur Perspektive"
Die geladenen Referenten legten ihre Schwerpunkte auf die veränderten Bedingungen des Klimas, des Straßenbaus, der Verkehrssicherheit und der ausgeräumten Landschaften.
Landeskompetenzzentrum für Straßenbäume und Alleen geplant
Axel Vogel, brandenburgischer Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, eröffnete die Fachtagung und wies auf die Bedeutung der Alleen mit ihrer Strukturvielfalt und ihrem häufig historisch gewachsenen Vegetationsbestand für Klima- und Naturschutz hin. Die Altersentwicklung der Alleen, der Klimawandel mit seinen Wetterextremen und die Verkehrsentwicklung hätten aber erhebliche negative Auswirkungen auf die Alleebestände, so dass eine angepasste Alleenkonzeption erforderlich sei, um für die Zukunft vitale Baumbestände an Bundes- und Landstraßen erlebbar zu machen, betonte Vogel.
Daher unterstütze er auch die Errichtung eines Landeskompetenzzentrums für Straßenbäume und Alleen Brandenburg-Berlin am Standort der LVGA in Großbeeren, wo künftig verstärkt Beratung, Ausbildung und Praxisversuche zu Allee-Themen stattfinden sollen. Ähnlich äußerte sich Guido Beermann, Minister für Infrastruktur und Landesplanung in Brandenburg. Er kündigte die Überarbeitung der aktuellen Alleenkonzeption auf der Basis von externen Gutachten an mit dem Ziel, Neupflanzungen und Verkehrsentwicklung zukunftsfähig zu machen.
Es folgten hochkarätige Fachvorträge. Den Auftakt machte Prof. Dr. Jürgen Peters von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNE). Peters präsentierte wichtige Erkenntnisse des DBU-Projektes "Alleen als schützenswerte Landschaftselemente - bundesweite Erfassung und Sicherung von Alleen in Deutschland". Des Weiteren führte er aus, dass nach Erfassung von Quantität und Qualität von Alleen einer Region ein kontinuierliches Monitoring unabdingbar sei, wenn man verantwortungsvoll auf Landesebene den Schutz und die Entwicklung neuer Alleen fachlich, organisatorisch und politisch vorantreiben wolle.
Wie das gehen kann, zeigten Anja Timm vom Umweltamt Ostprignitz-Ruppin und Frank Schmidt vom Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg an Beispielen aus der Praxis. Beide Referenten belegten eindrucksvoll mit Bildern, wie neue Bepflanzungen entstehen können, merkten aber auch deutlich die Hemmnisse auf dem Weg dahin an, u. a. die Flächenverfügbarkeit. Hinzu komme, dass alte und neue Erkenntnisse aus Praxis und Wissenschaft kontinuierlich in Planung, Pflanzung und Unterhaltung von Baumalleen einfließen müssen, betonte Oliver Hoch (FGL Berlin-Brandenburg). Er sehe einen großen Beratungs- und Ausbildungsbedarf aller Akteure und untermauerte damit die Motivation zur Einrichtung eines Alleen-Landeskompetenzzentrums, durchaus mit bundesweiter Ausstrahlung.
Lehr- und Sichtungsgärten als Entscheidungshilfe
Die Erfahrungen aus Lehr- und Sichtungsgärten seien eine gute Entscheidungshilfe, führte Dr. Matthias Zander von der Humboldt-Universität Berlin aus. Er betonte, dass die praxisüblichen Gehölzlisten ihre Stärken und Schwächen hätten und neue Konzepte auf der Basis von Selektionen und einer anschließenden Produktion von in vitro vermehrten, stresstoleranten Gehölzsortimenten noch in den Kinderschuhen stecken.
Wissensdefizite gebe es auch bei der Diskussion um die Fauna bei Alleebäumen, leben doch auf den sogenannten Zukunftsbäumen nach den Ausführungen von Dr. Susanne Böll (LWG, Veitshöchheim) viele Organismen. Bereits seit den 90er Jahren ist aus umfangreichen Studien an Berliner Stadtbäumen belegt, dass bisherige Baumsortimente einen bedeutsamen Lebensbereich für viele Lebewesen darstellen. Damals wie heute zeige sich, dass immer wieder neue Organismen angetroffen werden, wenn man nur einmal systematisch Bäume an ihren Standorten genau analysiert.
Daraus folgt, dass Zukunftsbäume prinzipiell der Biodiversität dienen. Das ist der Praxis immer wieder nahezubringen, was die Notwendigkeit der Fortbildung unterstreicht. Carolin Lenz (LVGA Großbeeren) bekam daher von den Zuhörern Zustimmung, stellte sie doch diesbezüglich einen an der LVGA im Aufbau befindlichen Sichtungsgarten "Brandenburgische Alleen im Klimawandel" vor.
Alleenanpassung ist Mehrgenerationenaufgabe
Dr. Markus Streckenbach, Leiter des FLL-Regelwerksausschuss Baumpflanzungen, erläuterte, dass die klimatischen Veränderungen die gute gärtnerische Praxis des Pflanzens von Bäumen an grundsätzlich erfolgsversprechenden Standorten auf den Prüfstand stellen würde. Mit ihnen verschärfe sich die Anforderung für das Pflanzen von Bäumen an Extremstandorten mit der Konsequenz, dass zum Beispiel bestehende Regelwerke dringend überarbeitet werden müssen.
Mit Schwerpunktsetzung auf die Klimaveränderungen führte Prof. Dr. Hartmut Balder (Institut für Stadtgrün) aus, müsse jedem Akteur klar sein, dass die Anpassung der aktuellen Alleenkonzepte und ihre Verfahrensoptimierung eine Mehrgenerationenaufgabe sei. Für die langfristige Entwicklung sei es daher unabdingbar, dass alle beeinflussenden Faktoren wie Klimaentwicklung,
Grundwasserstände, Verkehrsaufkommen, Winterdienst, Pflanzenschutz, Gehölzsortimente und rechtliche Veränderungen in den Gesamtprozess der Alleen-Erneuerung einfließen müssen. Er regte an, dass bereits ausgebaute Verkehrswege und veränderte Pflanzkonzepte auf ihre Funktionalität hin überprüft werden sollten. Er schloss mit Vorschlägen ab, wie in der Praxis ein strategisches und output-orientiertes Handeln realisierbar sein könne.
H. Balder, R. Dellmann, J. Peters, H. Schulz, O. Hoch