Über ihre Entwicklung und Behandlung im Verlauf von 280 Jahren

Die Linden-Allee zur Plassenburg ob Kulmbach

Die Plassenburg von Westen, Ansichtskarte auf der Grundlage eines Strähle-Luftbildes, gestempelt 1957.Foto: Privatbesitz

Ein Gang von bejahrten Linden führt unter deren schattenreichen, zur Blüthenzeit durch ihren Duft erquickenden Wölbungen, schneckenförmig auf des Schloßbergs Gipfel" - so romantisch beschrieb der 17-jährige Theodor Dorfmüller (1799-1836) die zwischen der Stadt Kulmbach und der Plassenburg verlaufende Linden-Allee im Jahre 1816.

Dagegen formulierte Friedrich Gottlob Leonhardi (1757-1814), Professor der Ökonomie an der Universität Leipzig, in seiner 1797 erschienenen "Erdbeschreibung der Fränkischen Fürstenthümer Bayreuth und Anspach" sehr sachlich: "Aus der Stadt hat man einen ziemlich bequemen, krummgezogenen und geschlängelten Weg angelegt und bis zur Aufziehbrücke mit Alleen besetzt". Ähnlich äußerte sich bereits zehn Jahre früher der Pfarrer zu Gefrees, Johann Michael Füssel (1755-1824): "Der Weg auf die Festung krümmt sich zwar so allmählig den Berg hinan, daß man ihn leicht fahren kann; aber dem Fußgänger würde er doch bey brennender Sonnenhitze viel Schweiß kosten, wenn er nicht unter dem Schatten der Allee, die bis an die Aufziehbrücke geht, ausruhen könnte".

Der preußische Offizier Jobst Christoph Ernst von Reiche (1772-1834) schilderte die Situation 1796 in der Gegenrichtung: Vom Kommandantenhaus mit dem Festungstor führt eine "mit einer schönen Linden=Allee besezte Chaussee den Berg hinab bis zum Kirchthore".¹

Die Plassenburg von der Stadt Kulmbach aus, Ansichtskarte, gestempelt 1929.Abb.: Privatbesitz

Entstehung und Ausbau der Allee im 18. Jahrhundert

Die wechselvolle Geschichte der Plassenburg ob Kulmbach als Residenz und Festung wurde wiederholt und umfassend beschrieben, so dass hier auf eine weitergehende Darstellung verzichtet werden kann.² Der Kulmbacher Pfarrer Albrecht Wolfgang Heckel (1797-1866?) berichtete 1839 in seiner Stadtchronik über die Entstehung der Linden-Allee: "1786 wurde der vorher sehr elende Weg, welcher von der Festung in die Stadt führt, chaussiert, und die schon früher unter dem Kommandanten von Bindermann […] angelegte Allee bis an das Sankt Peterskirchthor verlängert".³ Wilhelm von Bindermann diente von 1734-1742 als Schlosshauptmann, Obrist und Kommandant der Plassenburg. In dieser Funktion konnte er das arbeits- und kostenaufwändige Pflanzen einer Allee sicherlich nicht eigenmächtig durchführen lassen, sondern nur auf Befehl oder zumindest mit Zustimmung seines Dienstherrn Markgraf Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth (reg. 1735-1763).

Das Anlegen der Allee um 1740 ist sicherlich in Verbindung mit dem 1745 über dem "Äußeren Tor" der Plassenburg vollendeten Kommandantenhaus zu sehen: Das barocke Gebäude wirkte als Zielpunkt und Blickfang am Ende der Festungszufahrt. Die beiden Lindenreihen an diesem steilen Fahrweg führten einerseits zur Verbesserung seiner Benutzbarkeit und andererseits zu einer repräsentativen Aufwertung des fürstlichen Besitzes. Die 1786 vorgenommene Verlängerung der Allee und das "Chaussieren" fallen in die Regierungszeit von Karl Alexander von Brandenburg-Ansbach-Bayreuth (reg. 1769-1791). Bevor er 1791 seine Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth gegen eine Leibrente an das Königreich Preußen abtrat, förderte er generell den Ausbau von Chausseen in beiden Fürstentümern.

Unter "Chaussieren" verstand man im 18. Jahrhundert das Anlegen von Kunststraßen, das im Wesentlichen drei Arbeitsschritte umfasste: das Setzen großer Steine als Packlage mit seitlichen, nicht sichtbaren Bordsteinen als Widerlager, das Verfestigen einer darauf aufgebrachten Schicht aus kleingeschlagenen Steinen durch Walzen oder Rammen und schließlich das Aufbringen einer dünnen Deckschicht aus Kies.4 Angesichts dieses Verfahrens kann man vermuten, dass es bei der Chaussierung des Fahrwegs zur Plassenburg 1786 durchaus zu Beeinträchtigungen der dort seit rund 50 Jahren vorhandenen Alleebäume, insbesondere zu Eingriffen in ihren Wurzelbereich, kam.

„Culmbach mit der Plassenburg“ aus nordwestlicher Richtung, Kunstanstalt des Bibliographischen Instituts Hildburghausen, kolorierter Stahlstich (Ausschnitt), um 1850.Abb.: Sammlung Harald Stark, Kulmbach

Erste "Reparaturen" an der Allee im 19. Jahrhundert

Der Stahlstich "Culmbach mit der Plassenburg", den die Kunstanstalt des Bibliographischen Instituts in Hildburghausen offenbar in größerer Auflage herstellte und vertrieb, zeigt die imposante Schloss- und Festungsanlage auf einem östlich der Stadt Kulmbach gelegenen Bergsporn.

Dieser Stich veranschaulicht die Situation nach der Inbetriebnahme des Kulmbacher Streckenabschnitts der Ludwig-Süd-Nord-Bahn im Jahre 1846. Er verdeutlicht, dass die Allee zu diesem Zeitpunkt mehrere Bestandslücken aufwies, wobei vermutlich auf die Wiedergabe junger Bäume mit entsprechend kleinen Kronen verzichtet wurde. Andere Darstellungen geben die am Festungshang in einer weiten Krümmung ansteigende Allee hingegen als geschlossenes Band mit einheitlichen Kronen wieder, beispielsweise eine anonyme Bleistiftzeichnung im Stadtarchiv Kulmbach oder der auf einer Zeichnung von Robert Geissler (1819-1893) basierende Stich von William French (um 1815-1898).5

Tatsächlich führte der exponierte Standort der Allee, der den Nord- und Westwinden ungeschützt ausgesetzt war, nachweislich bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Verlusten von Bäumen: Im Juli 1819 wurden drei Bäume "durch den Sturmwind" ausgerissen, am 25. Mai 1830 erlitten wiederum mehrere Alleebäume Sturmschäden.6 Durch einen Orkan wurden am 5. Juni 1834 sogar "fünf der schönsten Bäume gänzlich entwurzelt, sämtliche andern aber mehr oder weniger beschädigt". Immer wieder wurden die verlorengegangenen Alleebäume nachgepflanzt. Die Regierung des Obermainkreises verfügte als vorgesetzte Behörde der inzwischen zum Königreich Bayern gehörenden und als Zuchthaus genutzten Plassenburg im Juli 1819, also unmittelbar nach dem Verlust der ersten drei Bäume: "Die leeren Stellen an der Allee müssen im nächsten Frühjahr mit guten jungen Lindenbäumen von neuem besetzt werden".

1843 - das heißt rund 100 Jahre nach der Erstpflanzung - wurde schließlich eine umfassende Ergänzung von Alleebäumen angeordnet, denn diese sei "theils zur Festigkeit der Straße [,] theils zur Verschönerung derselben sehr nothwendig". Infolgedessen wurden im Frühjahr 1843 und im Frühjahr 1844 jeweils 60 Linden vom Hofgarten Bayreuth geliefert und an der Festungsstraße sowie vor allem auf dem ausgedehnten Festungsareal gepflanzt.

Die Hänge der Plassenburg unterlagen ursprünglich einer intensiven landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Nutzung, wobei dem Obstbau eine besondere Rolle zukam.7 Im Landschaftsbild wirkten sie wie Offenland, von dem sich die Allee als hangbeherrschendes Element markant abhob. Erst um 1870 wurde mit der Anlage eines in Serpentinen geführten und beiderseits von Lindenreihen gesäumten Fußwegs am Westhang die bildprägende Dominanz der Allee mehr und mehr eingeschränkt.

Aus dem schrittweisen Verzicht auf die beschwerliche agrarische Nutzung der Hänge resultierte außerdem eine waldartige Bestockung, die letztlich zur vollständigen optischen Negierung der einst die Szenerie in der Fernwirkung beherrschenden Allee führte. Hinzu kam, dass sich Schattendruck und Wurzelkonkurrenz vor allem auf die innere Reihe der Allee, die nun parallel zu einem bedrängenden Baumbestand verlief, zunehmend negativ auswirkten.

Erhaltungsmaßnahmenzwischen den Weltkriegen

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde auf den bedenklichen Zustand mehrerer Altbäume der Allee hingewiesen; die erforderlichen Arbeiten mussten jedoch während der Kriegsjahre unterbleiben. Erst 1920 hieß es: "Die Ausmauerung der Bäume ist beendet".8 Damals wurden insgesamt 18 Linden "von dem alten Blech befreit und plombiert" sowie sechs weitere Linden ausgemauert. Diese Maßnahmen, die der damals üblichen Praxis der Baumpflege entsprachen, wurden im März 1920 von der Leitung der Festungshaftanstalt Plassenburg gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz in bemerkenswerter Weise begründet: "Da die Lindenbäume wegen ihres Alters und ihrer Schönheit nicht nur als Naturdenkmäler zu erachten sind, sondern auch zur Verschönerung des Landschaftsbildes beitragen, wäre sehr zu bedauern, wenn solche durch Wind umgeworfen werden würden". Bemerkenswert ist ebenso, dass der renommierte Leipziger Ansichtskarten-Verlag Dr. Trenkler & Co wohl in den 1920er-Jahren die mit "L. Zeidler" signierte Künstlerpostkarte "Kulmbach - Plassenburgberg" auflegte, die einen reizvollen Blick in die etwa 180 Jahre alte Allee darbietet.

Innenansicht des mittleren Alleeabschnitts, um 1935.Foto: Stadtarchiv Kulmbach, Fotobestand Hans Edelmann

1929 übernahm die "Verwaltung des ehemaligen Kronguts", die 1932 den Namen "Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen" erhielt, die Plassenburg. Damit kam die Allee in die Obhut von Gärtendirektor Heinrich Schall (1871-1942), der als Fachmann weithin angesehen war und der seine langjährigen Erfahrungen im Umgang mit alten Bäumen 1927 veröffentlichte.9 Dass Schall Einfluss auf die Pflege der Allee nahm, ist zu vermuten, bedarf aber im Detail noch der Erforschung. Er sprach sich allgemein sowohl gegen das "Abköpfen" der Kronen als auch gegen das Ausmauern hohler Bäume mit Ziegelsteinen und Zement aus.10 Die in den 1930er Jahren entstandenen Fotografien des Kulmbacher Lehrers und Heimatforschers Hans Edelmann (1888-1973) dokumentieren sehr aussagekräftig den damaligen Zustand der Allee. Die 1934 aufgenommene Außenansicht des oberen Alleeabschnitts belegt, dass neben Bäumen der Erstbepflanzung auch längere Abschnitte mit wesentlich jüngeren Bäumen vorkamen und dass die Kronen einiger Altbäume Merkmale einer wenige Jahre zurückliegenden Kappung aufwiesen.

Die um 1935 zu datierende Innenansicht zeigt mehrere markante Altbäume und vermittelt eindrucksvoll die damit einhergehende räumliche Wirkung der Allee; sie offenbart aber auch den inzwischen durchgeführten Ausbau der Straße mit tiefen seitlichen Entwässerungsrinnen und entsprechend hohen Bordsteinen.

Während der NS-Herrschaft diente die Plassenburg zunächst als "Gauschule"; am 1. November 1937 wurde sie dem Nationalsozialistischen Bund Deutscher Technik (NSBDT) "in die unmittelbare Verwaltung" übergeben.¹¹ Der NSBDT nutzte die Burg bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs als "Reichsschule der deutschen Technik" und richtete dort Funktions- und Sozialräume ein.¹² In diesem Zusammenhang dürfte auch der Ende des 18. Jahrhunderts "chaussierte" Fahrweg für den Kfz-Verkehr ausgebaut und eine bituminöse Deckschicht aufgetragen worden sein, denn die Schule unterstand Dr.-Ing. Fritz Todt (1891-1942), dem Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen.

Todt hatte 1931 an der Technischen Hochschule München mit einer Untersuchung zu "Fehlerquellen beim Bau von Landstraßendecken aus Teer und Asphalt" promoviert und zeichnete im Dritten Reich unter anderem für den Bau der Reichsautobahnen und der "Deutschen Alpenstraße" verantwortlich.¹³ In der von ihm herausgegeben Fachzeitschrift "Die Strasse" erschienen wiederholt Berichte über Schulungen auf der Plassenburg, vorrangig für Straßenbauingenieure, sowie über zahlreiche andere Veranstaltungen.14 Im Fall der Straße zur Plassenburg mit einer Steigung von 22 Prozent wird es Todt darum gegangen sein, vor der "Haustür" seiner Schulungsstätte einen vorbildlichen Straßenbau auf einer starken Gefällestrecke zu demonstrieren, sicherlich in technisch-konstruktiver Hinsicht, wohl aber auch in Hinblick auf den Umgang mit alten Alleebäumen bei der zeitgemäßen Ertüchtigung von Straßen. Schließlich galt es seinerzeit, möglichst auch das Reichsnaturschutzgesetz von 1935 zu berücksichtigen, wonach Landschaftsteile, die "zur Zierde und zur Belebung des Landschaftsbildes beitragen", unter Schutz gestellt werden konnten und in diesem Kontext ausdrücklich auch Alleen aufgeführt wurden.15

Wie damals beim Ausbau der Straße zur Plassenburg konkret vorgegangen wurde, ist bislang unklar, insbesondere ob bei den Baumaßnahmen in den Wurzelbereich der Altbäume eingegriffen wurde oder vielleicht sogar in den Kronenraum, um die problemlose Durchfahrt für größere Lastkraftwagen ermöglichen zu können. Der parallel zur Südseite der Allee verlaufende Fußweg mit einer wassergebundenen Decke existierte übrigens bereits im 18. Jahrhundert, ebenso mehrere Ausbuchtungen auf der Nordseite mit Sitzbänken, die Ausblicke ins Maintal und auf die Stadt Kulmbach boten.16

Die beispielhafte Bewahrung der historischen Allee und ihrer traditionellen Pflege

Die Linden-Allee ist rund 240 Meter lang und weist gegenwärtig 65 Bäume auf, unter denen sich neben Tilia cordata und Tilia platyphyllos auch Tilia-Hybriden befinden. Der Abstand der beiden in einer langgezogenen Kurve bergauf verlaufenden Baumreihen verringert sich infolge der topografischen Gegebenheiten von 15,50 Metern am unteren Ende auf 10,00 Meter vor der Burg. Die Abstände der Bäume in den Reihen variieren sehr stark und reichen von 4,25 bis 12,60 Meter; ungeachtet dessen sind die Alleebäume meist gegenständig angeordnet.

Aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht mussten in den zurückliegenden Jahren immer wieder Eingriffe in den Baumbestand der Allee bis hin zu Fällungen vorgenommen werden.17 Das von der Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung 1995 erarbeitete Pflegekonzept für die Außenanlagen der Plassenburg beinhaltet zwei relevante Maßnahmen zur "Erhaltung der Burgzufahrt als Fahrstraße mit Linden-Allee", nämlich erstens die "fachgerechte Pflege der vorhandenen Altbäume der Allee zur Bewahrung des historischen Erscheinungsbildes und zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit" sowie zweitens "bei Erfordernis Ersatz dieser Alleebäume durch junge Bäume der bisherigen Gattung/Art unter Einhaltung des bisherigen Pflanzabstandes".18 Damit wurde die Fortsetzung der nachweislich über mehr als zwei Jahrhunderte praktizierten Pflegetradition dieser Allee verankert, auch in Übereinstimmung mit der inzwischen denkmalfachlich anerkannten Regenerationsmethodik der Teilerneuerung von Alleen in eng begrenzten Abschnitten, das heißt, der Nachpflanzung von Bäumen in vorhandene Bestandslücken.19

Um auch langfristig optimale Entwicklungsbedingungen für diese Allee zu garantieren, ist ergänzend auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die Bedrängung durch den auf ihrer Ost- beziehungsweise Südseite vorhandenen großkronigen Gehölzbestand kontinuierlich zu reduzieren und ihn schrittweise in Niederwald umzuwandeln.20

Der aktuelle Zustand der Allee im oberen Abschnitt mit einem Pendelbus für Besucher der Plassenburg, 2016.Foto: Rainer Herzog

Im Mai 2011 erstellte die Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung ein Aufmaß der Allee, im Dezember 2011 erfolgten die Erfassung aller Bäume in einem digitalen Baumkataster und die erste Bewertung nach den FLL-Baumkontrollrichtlinien von 2010. Dabei wurden neben dem Zustand auch Höhe, Stammumfang, Kronendurchmesser und Altersklasse der einzelnen Bäume erfasst.²¹ Der Baumbestand kann demnach in vier Altersklassen eingeteilt werden, wobei der stärkste und wohl auch älteste Baum einen Stammdurchmesser von 1,17 Meter aufweist.

Allem Anschein nach befinden sich jedoch keine Exemplare mehr darunter, die mit Sicherheit der Erstbepflanzung zugerechnet werden können. Ein 2011 im oberen Teil der Allee einsetzender Hangrutsch erforderte die partielle Sicherung durch Vernagelung, die 2013 unter Beseitigung von vier Bäumen der äußeren Alleereihe realisiert wurde. Unmittelbar nach Abschluss der Baumaßnahme wurden diese Bäume nachgepflanzt. Mit Rücksicht auf die Funktion als öffentliche Straße mit Individual-, Liefer- und Busverkehr, letzterer als regelmäßig verkehrende Pendelbusse für Besucher der Plassenburg, wurde bisher darauf verzichtet, bei Nachpflanzungen autochthones Material in Form vegetativ vermehrter, also genetisch identischer Gehölze zu verwenden, wie es beispielsweise in den beiden um 1765 angelegten Lindensälen im Schlosspark Seehof bei Bamberg seit mehreren Jahren im Sinne historischer Authentizität erfolgt.²²

Das Beispiel der Linden-Allee zur Plassenburg ob Kulmbach veranschaulicht eine erstaunliche Kontinuität bei der Behandlung einer 280-jährigen Allee - trotz der stets schwierigen Standortbedingungen, trotz ihrer wechselvollen Geschichte und wiederholter Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen, trotz mehrfachem Wechsel der Nutzung des Objektes und damit der für die Allee Verantwortlichen. Die hier praktizierten Maßnahmen dürfen als modellhafter Beitrag zur Methodik der Alleenpflege in Deutschland gelten.

 



Anmerkungen

1 Dorfmüller, T. (1816): Schicksale und Beschreibung der zerstörten Veste Plassenburg, Bayreuth, S. 119.

Leonhardi, F. G. (1797): Erdbeschreibung der Fränkischen Fürstenthümer Bayreuth und Anspach, Halle, S. 121.

Füssel, J. M. (1787): Unser Tagebuch oder Erfahrungen und Bemerkungen […] auf einer Reise durch einen großen Theil des Fränkischen Kreises, 1. Teil, Erlangen, S. 349.

Reiche, J. C. E. von (1796): Culmbach und Plassenburg, Bayreuth, S. 65, Fußnote.

2 Bachmann, Erich et al. (1996): Plassenburg ob Kulmbach. Amtlicher Führer, Bayerische Schlösserverwaltung, München. - Darin weiterführende Literatur.

3 Heckel, A. W. (1839): Beispiele des Guten aus der Geschichte der Stadt Kulmbach samt einer Chronik dieses Ortes, Kulmbach, S. 106.

4 Zur Praxis des Chaussierens siehe Krünitz, J. G. (1794): Oekonomisch-technologische Encyklopädie, Band 63, Land=Straße: 19. Chaussee von geschlagenen Steinen, Berlin, S. 159 ff. - Umpfenbach, Franz Anton (1830): Theorie des Neubaues, der Herstellung und Unterhaltung der Kunststraßen, Berlin. - Meyer, Gustav (1860): Lehrbuch der schönen Gartenkunst, Berlin, S. 209-212.

5 Stadtarchiv Kulmbach, Inv.-Nr.: Ans Ku 14 (Stich) bzw. Ans Ku 49 (Zeichnung).

6 Die hier und im Folgenden zitierten Textstellen aus Verwaltungsvorgängen des 19. Jahrhunderts: Staatsarchiv Bamberg, Akt K 191 I, Nr. 37,2; 37,13; 45,24; 45,33 und 45,34.

7 Herzog, R. (1996): "...mit Gärten und Obstwäldern so schön bekleidet". Zur Entwicklung von Gartenbau und Gartenkunst auf der Plassenburg ob Kulmbach, in: Bayerische Schlösser bewahren und erforschen. Forschungen zur Kunst- und Kulturgeschichte, Band V, München, S. 169-206.

8 Die hier und im Folgenden zitierten Textstellen aus Verwaltungsvorgängen vom Anfang des 20. Jahrhunderts: Staatsarchiv Bamberg, Akt K 191 I, Nr. 2.

9 Zu Heinrich Schall siehe Herzog, R. (2016): Der Werdegang bayerischer Gartenbeamter im 19. und 20. Jahrhundert am Beispiel von Carl August Sckell und Heinrich Schall, in: AHA! Miszellen zur Gartengeschichte und Gartendenkmalpflege, Nr. 2/2016, Professur für Geschichte der Landschaftsarchitektur und Gartendenkmalpflege, Technische Universität Dresden (Hrsg.), Dresden, S. 40-55.

10 Schall, H. (1927): Die Erhaltung alter Bäume, in: Blätter für Naturschutz und Naturpflege, Bund Naturschutz in Bayern (Hrsg.), 10. Jg., Heft 2/3, Seite 132-135.

11 N.N.: Reichsschule der deutschen Technik, in: Die Strasse, 4. Jg. (1937), Nr. 23, S. 708.

12 N.N.: Ausbau der Plassenburg, in: Die Strasse, 6. Jg. (1939), Nr. 7, S. 229.

13 Todt, F. (1932): Fehlerquellen beim Bau von Landstraßendecken aus Teer und Asphalt. Ein Beitrag zur Vermeidung von Misserfolgen, Halle. - Zu Fritz Todt siehe insb. die entsprechenden Einträge in: Wistrich, Robert (1983): Wer war wer im Dritten Reich. Anhänger, Mitläufer, Gegner aus Politik, Wirtschaft, Militär, Kunst und Wissenschaft, München, S. 274-276 sowie Weiß, Hermann (1998): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/Main, S. 460-461.

14 Exemplarisch seien hier genannt: Reichsminister Dr. Rust auf der Reichsschule Plassenburg, in: Die Strasse, 6. Jg. (1939), Nr. 9, S. 309. - Kundgebung der Fachgruppe Bauwesen im NSBDT am 3. Juni 1939, Symphoniekonzert im Schönen Hof der Plassenburg, in: Die Strasse, 6. Jg. (1939), Nr. 11, Innentitel. - Reichsminister Dr. Todt verteilt Kriegsverdienstkreuze an verdiente Rüstungsindustrielle, in: Die Strasse, 7. Jg. (1940), Nr. 13/14, S. 304.

15 Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935, § 5 Sonstige Landschaftsteile, veröffentlicht in: Reichsgesetzblatt, Teil I, Nr. 68/1935 vom 1. Juli 1935.

16 Herzog 1996 (wie Anm. 7).

17 Die fachwissenschaftliche Betreuung der Außenanlagen der Plassenburg - und damit auch der Allee - obliegt der Gärtenabteilung der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen in München. Für die Durchführung der Pflegemaßnahmen zeichnet die örtliche Schloss- und Gartenverwaltung Bayreuth verantwortlich.

18 Herzog, R. (Bearbeiter): Plassenburg ob Kulmbach, Gartendenkmalpflegerische Zielstellung, Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung, internes Arbeitsmaterial, 1995.

19 Herzog, R. (2006): Alleen und Baumreihen, in: FLL-DGGL-Fachbericht: Pflege historischer Gärten - Teil 1: Pflanzen und Vegetationsflächen, Bonn, S. 11-16. - Zum unterschiedlichen methodischen Vorgehen siehe auch Herzog, R. (1999): Die Behandlung von Alleen des 18. Jahrhunderts in Nymphenburg, Ansbach und Veitshöchheim, in: Die Gartenkunst des Barock, Icomos-Hefte des Deutschen Nationalkomitees, Nr. XXVIII, München, S. 7-14.

20 Herzog, R. (2006): Alleen in Bayern, in: Lehmann, I., Rohde, M. (Hrsg.), Alleen in Deutschland. Bedeutung, Pflege, Entwicklung, Leipzig, S. 156-161.

21 Die Aufnahme und Erstbewertung der Alleebäume erfolgte im Dezember 2011 durch die Firma TREECONSULT Brudi & Partner, Gauting unter Anwendung der Baumkatastersoftware iSiMAN.

22 Herzog, R. (2014): Zur Erhaltungsmethodik in Vergangenheit und Gegenwart am Beispiel bayerischer Gärten, in: Historische Gärten im Klimawandel. Empfehlungen zur Bewahrung, Leipzig, S. 266-271.


Danksagung

Harald Stark (Kulmbach) danke ich sehr herzlich für Informationen über die historische Entwicklung der Plassenburg und Kurt Grübl (München) für aktuelle technische Angaben zur Allee.